1. Welche neuen Wege beschreitet das HPI in der Aus- und Weiterbildung?
    • Das Hasso-Plattner-Institut engagiert sich seit Jahren stark im Bereich der digitalen Bildung. Erst vor kurzem konnten wir die 400.000ste Kurseinschreibung auf unserer interaktiven Online-Lernplattform openHPI feiern. Von der Bildungsinnovation profitieren Internetnutzer auf der ganzen Welt – denn über openHPI ist der Zugang zu Hochschul-Wissen in den Bereichen IT und Innovation kostenlos, mehrsprachig und jederzeit von überall möglich. Die sogenannten Massive Open Online Courses, kurz MOOCs,  sind eine einfache und flexible Form der Weiterbildung mit viel Potenzial. Wir sehen Universitäten daher in der Pflicht, Online-Bildung noch stärker als bisher zu fördern und damit einer breiten Öffentlichkeit zu ermöglichen, sich auf eine immer dynamischere Arbeitswelt einzustellen.
  2. Welche Chancen sehen Sie in den sogenannten Future Media Technologies wie VR, AR, Daten Visualisierung für den Bildungsbereich, aber auch andere Branchen wie Gesundheit, Inklusion, Mobilität, Energie, Handwerk?
    • Die klare und präzise Visualisierung von Big Data gehört in fast allen Gebieten der Informatik heute zu einer der zentralen Herausforderungen. Erst durch eine verständliche Darstellung profitieren Software-Nutzer, Konsumenten und Patienten von den neuen Potenzialen der immer größer werdenden Datenmengen. Die Beispiele auf diesem Gebiet sind vielfältig: So hat ein Studierendenteam kürzlich ein Projekt mit dem Hamburger Hafen durchgeführt, in dem es darum ging, Emissionsdaten darzustellen. Dort fallen pro Tag über 1,5 Millionen Messwerte aus verschiedenen Quellen an. Auf einer interaktiven Karte konnten Daten aus Schiffsbewegungen, Verkehrsströmen und Umweltsensoren in Echtzeit miteinander verknüpft und visualisiert werden. Durch diesen direkten Zugang zu komplexen Informationen wird es künftig viel einfacher für die Verantwortlichen, emissionsreduzierende Maßnahmen abzuleiten, zu steuern und zu überprüfen.
  3. Herr Meinel, Sie sind Unternehmer, Geschäftsführer, Professor für Informatik, Dekan der Universität Potsdam, Programmdirektor des HPI-Stanford Design Thinking Research Program, um nur einige Ihrer Titel zu nennen. Mit der jungen Digital Engineering Fakultät des HPI und der Universität Potsdam, der ersten privat finanzierten Fakultät einer öffentlichen Universität, beschreiten Sie, zumindest in Deutschland, absolutes Neuland. Ist das ein Gründungsmodell für die Zukunft?
    • Allein die Gründung des Hasso-Plattner-Instituts, das sich bereits 19 Jahre lang als Teil einer öffentlich-privaten Partnerschaft sehr gut entwickelt hat, wurde nur möglich durch das herausragende gesellschaftliche Engagement unseres Stifters Professor Hasso Plattner. Diese Form des Mäzenatentums ist in Deutschland nicht so üblich wie beispielsweise in den Vereinigten Staaten. Auch konnten wir einen besonderen Passus im Brandenburger Landeshochschulgesetz für diese einmalige Konstellation nutzen. Es entspricht dem Gründergeist des HPI, dass wir als erste außeruniversitäre Einrichtung Deutschlands den Fakultätsstatus erhalten haben. Dadurch kann das Institut in größerem Maße wachsen und erhält mehr Autonomie und  Flexibilität in akademischen Belangen. Natürlich wünschen wir uns, damit in Deutschland ein Vorbild für andere Forschungseinrichtungen zu werden. So kann ich mir gut vorstellen, dass große außeruniversitäre Forschungsinstitute der Max-Planck-Gesellschaft oder der Helmholtz-Gemeinschaft mit ihren Nachbarunis solche Verbindungen eingehen.
  4. Digital Health, Smart Energy, Cybersecurity, Data Engineering – vier neue Masterstudiengänge sind in Planung. Warum just diese Schwerpunkte?
  • Mit diesen vier neuen Masterstudiengängen bauen wir Expertise und Forschungsprojekte in Bereichen auf, die aus unserer Sicht die Gesellschaft in den nächsten Jahren stark verändern werden. Schauen Sie sich beispielsweise den Bereich Digital Health an. Hier hat Deutschland im internationalen Vergleich erheblichen Nachholbedarf, dabei können neue Behandlungskonzepte in der personalisierten Medizin die Gesundheitsversorgung von Millionen Menschen weltweit verbessern. Grundlegende Voraussetzung sind allerdings umfassende Digitalisierungsprozesse, für die aktuell IT-Experten fehlen. Diese IT-Experten müssen dann auch über medizinische Kenntnisse verfügen.In vielen der neuen Forschungsbereiche bestehen schon Netzwerke und Kooperationen, auf denen wir aufbauen können.

5. Welche Bedeutung haben globale Netzwerke, sei es in der Forschung, Bildung und Wirtschaft, und lokale Netzwerke, wie beispielsweise der MediaTech Hub Potsdam? Welche Rolle spielt für Sie der Standort Potsdam?

  • Eine aktive Vernetzung von Wissen, Menschen und Ressourcen ist die Voraussetzung für individuellen Erfolg. Das gilt lokal, national wie auch international – wir hören dabei nicht an der Stadtgrenze auf. Die Teilnehmer unserer Online-Kurse auf openHPI lernen innerhalb einer großen, internationalen Gemeinschaft. Die Doktoranden des HPI-Forschungskollegs treffen sich regelmäßig mit Kommilitonen und Professoren aus unseren Außenstellen in Israel, Südafrika und China. Und das Spitzenforschungslabor „HPI Future SOC Lab“ wird von Wissenschaftlern aus über 20 Nationen genutzt. Das  Zusammenführen von Talenten aus unterschiedlichsten Fachrichtungen und Gesellschaftszweigen ist übrigens ganz im Sinne der Innovationsmethode Design Thinking, die Hasso Plattner vor 10 Jahren von Stanford nach Potsdam gebracht hat. Aus diesem Grund organisieren wir gemeinsam mit dem MediaTech Hub Design-Thinking-Workshops. So können wir die Vernetzung einzelner Akteure von unserem Hauptsitz in Potsdam aus fördern.

Dezember 2017