1. Herr Sauter, die Coronakrise hat unsere Arbeitsabläufe auf den Prüfstand gestellt. Wie haben sich Ihrer Meinung nach digitale Möglichkeiten für Konferenz- und Meetingformate entwickelt? Werden diese nach der Krise weiter Bestand haben? Wie kann das so wichtige Networking nach einem Talk wie bspw. unserem Mediengipfel im digitalen Raum umgesetzt werden?
    • Jede Krise ist auch eine Chance. Viele Chancen, die sich aus der jetzigen ergeben haben, werden wohl vergebene sein. Eine wird auf jeden Fall auch in der Post-Corona-Zeit genutzt werden. Viele von uns haben erkannt, dass eine Videokonferenz etwas Substanzielles sein kann, dass die (romantisierende) Ausrede, man müsse sich immer persönlich treffen, nicht zählt. Diese Haltung hat wohl meist ihren Ursprung darin, dass viele sich nicht mit den schon seit Jahren zur Verfügung stehenden Technologien auseinandersetzen wollten oder bei den ersten Versuchen von diesen frustriert waren. Wenn man muss, dann geht es, und es geht exzellent! Auftraggeber werden uns auch Post-Corona nicht wie bisher wegen einer Projektabstimmung nach Peking, New York oder London einfliegen lassen – weil alle gelernt haben und, ganz banal, weil es ökonomischer ist. Möglicherweise wird die blaue Vielfliegerkarte der neue Senator Status werden.

       

    • Auf der anderen Seite wird sich die seit Jahren zu beobachtende Renaissance des physischen Raumes – Konferenzen, Ausstellungen, Showrooms etc. – in der Post-Corona-Zeit noch verstärken. Die Entwicklung, nach drei Jahrzehnten der Kommunikation im virtuellen Raum wieder Information, Unterhaltung und Auseinandersetzung im realen Raum erleben zu wollen, wird sich verstärken. Solange müssen wir auf das Networking nach einem Talk, z.B. nach dem Mediengipfel, verzichten und können das nur im Kleinen in den sozialen Netzwerken haben.
  2. Konzert- und Theaterveranstaltungen fallen aus, Künstler sind ohne Einnahmen. Man könnte sagen, in Zeiten von Corona werden die Künste aufs Eis gelegt. Doch für unsere Zukunft, für unser gesellschaftliches Zusammenleben, unsere Wirtschaft und unsere Begegnungen sind Künste und Künstler wichtiger denn je. Sie sind die Visionäre, sie haben die Zukunft jenseits der Krise schon durchdrungen. Herr Sauter, welche zukunftsweisenden Botschaften geben uns die Künste?
    • Die Künste geben keine Antworten, sondern stellen Fragen. Im Moment aber leider wenige, da die Lebensgrundlage vieler KünstlerInnen von einem Tag auf den anderen entzogen wurde. Galerien waren für mehrere Monate geschlossen, Museen haben aufgebaute Aufstellungen nicht eröffnet, öffentliche Aktionen konnten nicht durchgeführt werden, der Kunstmarkt selbst ist extrem vorsichtig geworden. Die Museen und Galerien öffnen jetzt wieder und ich bin gespannt, was nach den all den aufgelaufenen Ausstellungen kommen wird.

       

    • In meiner Medienklasse an der UdK reagieren wir gerade auf die Isolation im Homeoffice und lock down und bearbeiten das Thema „Expanded and Extended Spaces“. Die Studierenden erarbeiten Projekte zur medialen Erweiterung ihres privaten Raumes. By the way: Die digitale Lehre funktioniert sehr gut. Die Studierenden sind pünktlich mit bestens vorbereiteten Präsentationen in der Videokonferenz, sind fokussiert und in der Diskussion aktiv.
  3. Stichwort neue User Interfaces: Nicht mehr Touch-Steuerung, sondern Voice oder andere nicht-haptische Steuerungen wie bspw. ein Geldautomat ohne physische PIN-Eingabe, keine Berührung von Oberflächen und somit keine Virenverbreitung. Was ist alles jetzt schon möglich? Was davon wurde in der Dauerausstellung Futurium umgesetzt?
    • Nachvollziehbarerweise wird jetzt der Ruf nach kontaktlosen Interfaces laut, und es wird in Zukunft das ein oder andere Produkt im öffentlichen Raum mit solchen ausgestattet werden. Ausgereifte Technologien gibt es genügend und müssen jetzt nur in eine sinnvolle User-Experience überführt werden. Auch im Futurium haben wir berührungslose Gestensteuerung eingesetzt und schon vor 30 Jahren Projekte mit Eyetracking realisiert, bei denen bspw. ein Besucher eines Museums ein Gemälde mit seinen Blicken zerstört. Die Entscheidungen für den Einsatz dieser kontaktlosen Interfaces wurden von uns allen inhaltlich und aufgrund ergonomischer Überlegungen getroffen – nie vordergründig aus hygienischen. Auch hier gilt in angemessener Weise zu agieren: Unser taktiler Sinn und unsere haptischen Fähigkeiten ermöglichen uns meist präzisere Steuerungen als unsere Sprache und unsere Gesten.
  4. Ihr Tipp fürs Home Office?
    • Es unbedingt dann auch in der Post-Corona-Zeit ausgiebig zu nutzen.

 

Juni 2020