1. Herr Ovalioglu, der Hessische Film- und Kinopreis steht bevor, den Ihre Agentur ausrichtet. Wie herausfordernd waren die Vorbereitungen – vor allem mit Blick auf die aktuellen Einschränkungen durch die Corona-Maßnahmen? 
    • Das stimmt und wir freuen uns sehr, die Chance bekommen zu haben, diese prestigeträchtige Preisverleihung gemeinsam mit dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst zu organisieren! Der Hessische Film- und Kinopreises wird in diesem Jahr, am 22. Oktober, bereits zum 32. Mal verliehen und ehrt die Kreativen der Filmbranche.

       

    • Was die Herausforderungen bei den Vorbereitungen angeht: Schon bei der Entwicklung des Showkonzepts war eine sehr dynamische und vorausschauende Planung notwendig. Von bereits umgesetzten Veranstaltungen wissen wir, dass sich Pläne und Bestimmungen schnell ändern können. Das Konzept gestalteten wir daher flexibel und konnten es somit jederzeit agil an die neuen Umstände anpassen.

       

    • Ursprünglich sollte die Preisverleihung nach einem Jahr Pause wie im Jahr 2019 als große Gala in der Alten Oper in Frankfurt am Main stattfinden. Doch aufgrund der schwankenden Infektionszahlen und zu geringen Impfquote haben wir gemeinsam mit dem Kunden entschieden, unser Konzept als Blaupause für 2022 mitzunehmen und die diesjährige Veranstaltung als hybride Variante umzusetzen. Die Preisverleihung wird nun live aus dem Capitol in Offenbach gestreamt. Ein exklusives Publikum aus ca. 400 Personen, bestehend aus Nominierten und Preisträger*innen, Politik, Prominenz und Sponsor*innen, werden zur Preisverleihung eingeladen. Derzeit bestehen die größten Herausforderungen definitiv darin, sich stets an die sich ändernden Verordnungen des Landes Hessen anzupassen, aber auch den Anforderungen der Auftraggeber*innen gerecht zu werden.
  2. Die Flimmer Group ist auch im Games-Sektor breit aufgestellt, hat z.B. zuletzt zweimal den Deutschen Computerspielpreis organisiert. Die Branche ist ja vergleichsweise glimpflich durch die Pandemie gekommen. Wie unterschiedlich verliefen in den vergangenen Monaten die Projekte und Kampagnen im Games-Segment im Vergleich zur Filmindustrie? Was waren Ihre Learnings?
    • Die Games-Branche zählt zu den großen Gewinnern der Corona-Pandemie. Im vergangenen Jahr gab es aufgrund der Auswirkungen der Pandemie nicht nur Rekord-Spielerzahlen auf vielen Plattformen, auch der Games-Markt ist in dieser Zeit deutlich gewachsen. Ein Grund dafür ist die junge Zielgruppe, die schon vor der Corona-Pandemie durch Esports, Online-Games, Let’s Plays auf Plattformen wie YouTube und Twitch digital stattfand.

       

    • Der Deutsche Computerspielpreis, der vor der Corona-Pandemie ebenfalls als große Gala umgesetzt wurde, änderte sich kurzfristig in ein digitales Event. Statt wie viele andere Events und Shows das Programm wie gehabt – nur ohne Publikum – in einem Stream zu übertragen, nutzten wir die digitalen Stärken der Gaming Community. Die Hauptshow wurde als Online-Stream aus einem professionell eingerichteten TV-Studio mit der Moderatorin Barbara Schöneberger ausgestrahlt. Das digitale Publikum wurde gezielt durch verschiedene Maßnahmen, wie etwa die direkte Einbindung eines moderierten Social Media Feeds, in die DCP Show integriert.

       

    • Hier haben wir auch viele unserer Learnings gezogen. Es ist zum Beispiel extrem wichtig, die Teilnehmenden einzubinden – nicht nur während des Events, sondern auch davor. Ist die No Show Rate bei einem analogen Event mit bis zu 30% oft schon hoch, erhöht sich diese bei einem digitalen Event noch. Das liegt daran, dass das Event oft nicht so verbindlich wirkt und Absagen bzw. Nicht-Teilnahmen einfacher einzurichten sind. Deswegen ist es wichtiger denn je, durch kreative Reminder Aufmerksamkeit für das Event zu generieren und diese in das Storytelling zu integrieren. Dafür können z.B. Goodies, abgestimmt auf das Event, verschickt werden.

       

    • Die Filmindustrie wurde im Gegenzug zur Games-Industrie hart von der Corona-Pandemie getroffen. Die gesamte Branche kam zum Erliegen und alle Kinos mussten schließen. Folglich fanden keine Premieren-Events und Kampagnen statt. Durch die sich langsam lockernden Regelungen und die Öffnungen der Kinos merken wir aktuell einen Aufschwung in der Filmindustrie. Blockbuster ziehen Besucher*innen wieder in die Kinos und es wird so viel gedreht, wie noch nie zuvor.
  3. Viele Menschen in diesen Branchen sind gespannt, wie sich Events künftig entwickeln werden, z.B. ob digitale oder hybride Formate bestehen bleiben oder der persönliche Austausch unabdingbar ist. Als Agentur für Event-Kommunikation: Welche Formen von Veranstaltungen werden sich Ihrer Meinung nach in den kommenden zwei bis drei Jahren durchsetzen? Und welche Vor- und Nachteile bieten sie?
    • Die Pandemie hat die Eventbranche zum Umdenken gedrängt. Von heute auf morgen musste die Branche sich schnell an die Auswirkungen der Pandemie anpassen und ihre Events digitalisieren. Dies hat den Markt nachhaltig beeinflusst.

       

    • Ein großer Vorteil, den Online-Veranstaltungen bieten, ist, dass Menschen von überall auf der Welt teilnehmen können. Niemand muss sich Gedanken über eine – eventuell teure – Anreise machen, sondern kann gemütlich vom Sofa aus zuschauen. Doch obwohl mehr Menschen dabei sein können, ist ein großer Nachteil des rein digitalen Formates, dass es keine Interaktionsmöglichkeiten für die Teilnehmer*innen gibt. Für die direkte Kommunikation bleiben Präsenzveranstaltungen deshalb weiterhin das beste Mittel. Auch, weil sie oft ein ganz anderes Gefühl vermitteln, als online Veranstaltungen es je könnten: Die Teilnehmer*innen können Events, Shows und Produkte live erleben und mit anderen Besucher*innen interagieren. Zudem erleichtern Onsite-Events das Networking und somit das Knüpfen von relevanten Kontakten. Daher werden mit Sicherheit auch in Zukunft die Stärken von Offline-Veranstaltungen wieder in die Eventbranche mit eingebunden.

       

    • Nach meiner Einschätzung bewegt sich die Zukunft der Eventbranche in Richtung hybride Events. Sie verbinden die Vorteile von Online- und Offline-Veranstaltungen. Über neue Event-Plattformen lassen sich physisch anwesende und virtuelle Gäste sehr gut vernetzen und schaffen fast vergleichbare Interaktionsmöglichkeiten. Ein Nachteil sind allerdings die höheren Kosten. Wer sowohl Teilnehmer*innen vor Ort als auch ein virtuelles Publikum erreichen möchte, wird viel Geld investieren müssen. Nicht nur Event-Plattform und Live-Stream müssen gestellt werden, sondern ebenso Räumlichkeiten und ein Rahmenprogramm, was schnell finanziell aufwendig wird. Meiner Ansicht nach sind die Vorteile hybrider Events jedoch so groß, dass sie nicht nur bestehen bleiben, sondern in den kommenden Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnen und fester Bestandteil der Veranstaltungsbranche werden.

 

Oktober 2021

Bild: (c) Levent Ovalioglu