1. Liebe Jeannine, lieber Bernd Schiphorst, 20 Jahre media:net berlinbrandenburg e.V. ist eine stolze Zahl, zu der man nur gratulieren kann. Der Netzwerkverein hat sich in zwei Jahrzehnten in der Hauptstadtregion und darüber hinaus eine hohe Strahlkraft erarbeitet. Herr Schiphorst, was waren die entscheidenden Punkte, damit das Netzwerk so erfolgreich werden konnte? Jeannine, Du bist seit einem dreiviertel Jahr die geschäftsführende Vorstandsvorsitzende. Seit wann und wie hast Du in den Jahren zuvor das media:net wahrgenommen?
    • Bernd Schiphorst:  
    • Das media.net war die richtige Idee zum richtigen Zeitpunkt. Wenn wir mal kurz zurückblenden auf das Jahr 2001: Nach dem Fall der Mauer war Berlin weltweit im Fokus. Gleichzeitig erlebte die Medien- und Kreativwirtschaft eine Revolution. Die Digitalisierung kehrte das Unterste zuoberst. Amazon, AOL, Google, Xing, Facebook oder YouTube – überall schossen um die Jahrtausendwende neue Ideen wie Pilze aus dem Boden. Die Brüder Samwer machten mit Zalando und Jamba Schlagzeilen.
    • Berlin war eine Millionenstadt im Werden und Wachsen. Aus allen Teilen der Republik, aus dem Ausland – alle wollten in diese Stadt. So viele neue Gesichter, so viele neue Gewissheiten – das alles schrie nach Vernetzung und Guidance. Nirgendwo sonst in Deutschland trafen so unterschiedliche Talente aufeinander. Und nie zuvor war es technisch einfacher, sie zu vernetzen. Wir haben tüchtige Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer gefunden, von Ulrich Schmid über Andrea Peters bis Jeannine Koch, die das umgesetzt haben, und wir haben einen Aufsichtsrat zusammengestellt, der nicht nur Aufsicht führt, sondern den Verein sachlich-fachlich berät. Beste Bedingungen.
    • Jeannine: 
    • Ich habe das media:net damals noch aus meiner Brille als Direktorin der re:publica wahrgenommen und immer gedacht, das ist sozusagen der “Hof” der re:publica in Reinform 😉 Auf den Veranstaltungen des media:net ging und geht es darum, dass Menschen auf Menschen treffen, sich austauschen und vernetzen. Vielleicht entstehen daraus neue Projekt- oder Geschäftsideen oder vielversprechende Kooperationen. Vielleicht ergeben sich aus den Begegnungen aber auch Freundschaften und Beziehungen fürs Leben. All das ist möglich beim media:net und das ist das Ziel, mit dem ich den Verein auch in die nächsten Jahre des Wachstums führen möchte, um noch mehr zufälligen Begegnungen und innovativen Ideen einen kreativen Raum zu geben – und das gemeinsam mit den Mitgliedern des media:net, denn sie stehen hier im Fokus.
  2. Dieses Jahr steht ganz im Zeichen des internen Wandels. Zunächst hat ein mehrmonatiger Strategie-Workshop die media:net-internen Strukturen und Prozessabläufe optimiert, ein neues CI wird gerade entwickelt und geplant ist zudem ein Relaunch der Website. Jeannine, was kannst Du uns zum aktuellen Stand der Transformation verraten? Herr Schiphorst, aus Ihrer Sicht, welche Art von Veränderungsprozessen müssen Vereine im Allgemeinen und das media:net im Speziellen heutzutage durchführen, um weiterhin relevant für die einzelnen Branchen zu sein?
    • Bernd Schiphorst:
    • Mit Vereinen kenne ich mich ganz gut aus, in der Mehrzahl waren und sind es allerdings Sportvereine. Das media.net ist etwas Anderes, es ist gleichermaßen Netzwerk und Interessenvertretung. Die Kreativwirtschaft verändert sich in einem ungeheuren Tempo. Um mitzuhalten, werden wir unsere Leistungen im ständigen Dialog mit unseren Mitgliedern überprüfen müssen.
    • Das media:net von heute ist nicht mehr das von 2001, und ich hoffe und bin sogar sicher, dass wir, könnten wir zehn Jahren vorausblicken, unser erwachsen gewordenes Baby kaum wiedererkennen würden.
    • Jeannine:
    • Den ersten Teil unserer media:net-Transformation haben wir kürzlich abgeschlossen, hierbei haben wir – gemeinsam mit den Mitgliedern des Netzwerks – einen Blick in das Innere des media:net geworfen, um die DNA des Vereins noch stärker herauszustellen.
    • Momentan erarbeiten wir zudem eine neue Corporate Identity fürs media:net, und noch in diesem Herbst beginnen wir mit den Vorbereitungen eines Website-Relaunches. media:net soll künftig für die Vernetzung kuratierter Kontakte über relevante kuratierte Inhalte stehen. Hierfür möchten wir unsere Mitglieder auch noch stärker einbinden in die Gestaltung und Ausrichtung des Vereins. Dafür entwickeln wir gerade spannende neue Formate.
    • Das alles machen wir übrigens gemeinsam mit unseren Transformationspartnern J2C – Journey to Creation, fertig design und CBE DIGIDEN. Danke nochmals an dieser Stelle! <3
  3. Was werden die größten Herausforderungen für die hiesige Medien-, Kreativ- und Digitalwirtschaft – und somit auch die des media:net – in den nächsten 20 Jahren sein?
    • Bernd Schiphorst: 
    • Berlin hat weltweit einen guten Ruf. Aber weder Europas Metropolen noch Asien oder Amerika ruhen sich auf ihren Lorbeeren aus. Ich befürchte eher, dass Europa ins Hintertreffen geraten könnte. Das zu verhindern, neue eigene Ideen zu entwickeln und den Markt ständig zu beobachten, wird uns alle vor gewaltige Herausforderungen stellen.
    • Jeannine: 
    • Wir werden noch einige Zeit mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen haben und nur mit weiteren Hilfen des Berliner Senats wird ein wirtschaftliches Überleben vieler Institutionen und Unternehmen möglich sein. Auch die zahlreichen Solo-Selbständigen sind darauf angewiesen. Außerdem wird es darauf ankommen, mutig zu agieren, innovative Konzepte zu entwickeln und die Transformation – vor allem im Bereich der Digitalisierung – fortzuführen.
    • Über die künftigen Herausforderungen u.a. von Medienunternehmen, was Glaubwürdigkeit und Vertrauen innerhalb der Gesellschaft betrifft, sprechen wir ja auch am kommenden Montag beim 47. Mediengipfel.
    • Ich sehe in diesen Herausforderungen auch eine große Chance, sich als media:net künftig noch resilienter aufzustellen und als erste Anlaufstelle der Branchenvertreter*innen sichtbar zu sein. 

       

 

September 2021

Bild: (c) links Emely Timm – Die Hoffotografen, rechts Hertha BSC