1. Martin, Rotor Film ist Experte der Bild- und Tonpostproduktion. Welche neuen Entwicklungen gibt es insbesondere im SoundDesign?
    • Insgesamt werden die Anforderungen an die Technik und den inhaltlichen Umgang mit neuen Technologien immer anspruchsvoller. Dolby Atmos im Kino- und Home-Entertainment-Bereich hat es zwar nicht einfach, Regisseur*innen und Produzent*innen erkennen aber immer mehr die Möglichkeiten, die diese neue Technologie inhaltlich bietet, die dann auch in den Auswertungen in den unterschiedlichen Kanälen umgesetzt werden können. Dasselbe gilt im Bild für HDR-Formate, wobei unklar ist, welches Format (HDR10, HDR10+, Dolby Vision) sich letztendlich durchsetzen wird. Ganz klar ist aber, dass vor allem Streamingdienste auf diese Technologien setzen.
  2. Ist die Nachbearbeitung von Ton, Musik, Sprache inzwischen komplett digitalisiert oder existiert noch echtes Handwerk?
    • Wenn wir Besuch durch unsere Studios führen, ist immer eines der Highlights der Geräuschemacher. Diese Berufsparte ist im digitalen Zeitalter gefühlt wie aus der Zeit gefallen. Der sogenannte Foley Artist erstellt wie Jahrzehnte davor in sprichwörtlicher Hand- und Fußarbeit alle Geräusche, die etwas mit den Figuren auf der Leinwand zu tun haben. Natürlich gibt es auch Möglichkeiten mithilfe von Soundarchiven diese Töne künstlich hinzuzufügen, aber das Einfühlen des Geräuschemachers in die Bewegungsabläufe der Schauspieler*innen ist ein fester und einzigartiger Bestandteil der Tongestaltung. Ich bin gespannt, ob und inwieweit Automatisierungsprozesse, die in anderen Bereichen der Tonpostproduktion schon längst Einzug gehalten haben, sich auch auf diesen Bereich auswirken.
  3. Beim Streamen wird eine Fülle von unterschiedlichen Daten übermittelt, nur ein Teil davon entspricht der alten Film- bzw. Tonspur. Welche Daten empfange ich noch? Haben diese für mich als Zuschauerin einen Mehrwert oder verlangsamen sie nur die Übertragung?
    • Ein großes Thema sind Metadaten, die vom Set über die Postproduktion hin bis zum/zur Konsument*in in die Bilder und Töne eingebunden sind. Dies können Informationen zum Copyright, Drehort oder zu bestimmten Ausstattungsgegenständen sein. Der Zuschauer könnte sich dann beispielsweise per Knopfdruck eine Reise zum originalen Drehort buchen oder den gezeigten Gegenstand bestellen. Wichtiger für unsere tägliche Arbeit sind allerdings Metadaten, die eher technischer Natur sind und die die Gewerke immer mehr automatisiert zusammenarbeiten lassen. Es geht am Ende darum, Arbeit, die automatisiert werden kann zu automatisieren und die Kreativen wirklich kreative Arbeit machen zu lassen.
  4. Mit welchen von euch postproduzierten Filmen seid ihr auf der Berlinale vertreten? Welche „Future Media Technologies“ kamen dabei zum Einsatz?
    • Im Wettbewerb der diesjährigen Berlinale sind wir mit unserer Koproduktion „In den Gängen“ von Thomas Stuber vertreten, die bei uns und unserer Tochterfirma in Leipzig postproduziert wurde. Außerdem läuft im „Berlinale Special“ Lars Kraumes „Das Schweigende Klassenzimmer“, für den bei uns die Bildpostproduktion gemacht wurde. Schon seit einigen Jahren sieht und hört man den in Dolby Atmos „remixten“ Berlinale-Trailer, auf den ich mich schon immer Monate im Voraus freue! In der diesjährigen Lola-Reihe, die auf der Berlinale gezeigt wird, sind wir mit insgesamt 7 postproduzierten Filmen dabei. Auch direkt nach der Berlinale geht es bei uns spannend weiter: Mit Palme-d’Or-Gewinner „The Square“ von Ruben Östlund, dessen Tonmischung und Bildpostproduktion Rotor übernommen hat, haben wir unsere erste Oscar-Nominierung für den besten fremdsprachigen Film.

 

Februar 2018