1. Herr Noelle, was hatte Sie dazu bewogen, beim Deep Tech Award mitzumachen? Vielleicht können Sie unseren Leser*innen auch kurz erläutern, welche innovativen Lösungen WeAre anbietet?
    • Ausschreibungen wie der Deep Tech Award sind für uns als Startup und VR-Softwareentwickler eine großartige Möglichkeit, um einerseits sichtbar zu werden und andererseits noch mehr Feedback zu unserer VR-Lösung zu bekommen. Für uns als Berliner Startup sind wir von Beginn an in der Hauptstadt tief verwurzelt. Berlin ist für uns der ideale Standort zum Austauschen, Lernen und Wachsen. Daher haben wir uns sehr gefreut, als Finalist beim Deep Tech Award 2021 mit dem Partnerpreis von media:net berlinbrandenburg e.V. ausgezeichnet zu werden. 
    • Unsere Software “WeAre Rooms” richtet sich als Virtual-Reality-Kollaborationslösung explizit an Ingenieure. Mit dem VR-Konferenzsystem von WeAre können Ingenieur*innen und Konstrukteur*innen dezentral und in Echtzeit ihre Maschinen, Anlagen und Gebäude maßstabsgetreu in der Virtuellen Realität visualisieren, präsentieren und mit Kund*innen und Kolleg*innen Änderungen direkt am Objekt festhalten. Aus herkömmlichen 3D-CAD-Dateien generiert WeAre Rooms per Drag&Drop virtuelle und immersive Modelle. Zudem werden in der virtuellen Zusammenarbeit zahlreiche Funktionen zur Verfügung gestellt – wie Explosionsansichten, Querschnitte oder 3D-Notizen. Unsere Software wird von Industrieunternehmen in der Planungs-, Konstruktions- und Bauphase, im Vertrieb sowie im Servicekontext angewendet. Zu unseren Kunden zählen u.a. die Lufthansa Service Group, Vorwerk sowie die SMS group.
  2. Industrielle Prozesse werden immer weiter digitalisiert. Aus welchem Mangel heraus haben Sie Ihr Projekt gestartet? Welche Vorteile bietet es?
    • WeAre begann mit der Frage, wie die Mobilitätskonzepte der Zukunft aussehen werden. Unsere Erkenntnis: An sich sind Reisen schön, besonders um Länder, Leute und Kulturen kennenzulernen. Doch Reisen zu Geschäftszwecken, nur um in einem anderen Büro oder einer Industriehalle zu arbeiten, sind Schmerzpunkte für die Unternehmensressourcen und für unser Klima. Daher besteht im Businesskontext die erstrebenswerteste Form der Mobilität für uns darin, gar nicht erst reisen zu müssen, um sich mit Kolleg*innen oder Kund*innen zu komplexen Sachverhalten austauschen zu können. Unsere Vision ist es Geschäftsreisen überflüssig zu machen. WeAre wurde 2017 mit der Mission gegründet, die Kommunikationsprozesse in der Industrie mithilfe von Virtual Reality zu optimieren und dezentrales Zusammenarbeiten zu ermöglichen. 
    • Videokonferenzen können bei einfachen Absprachen und Inhalten ideale Hilfsmittel sein. Sobald jedoch physische Produkte wie Maschinen oder Gebäude im Mittelpunkt stehen, kommen konventionelle Tools schnell an ihre Grenzen. Um effizient, kreativ und detailliert zu arbeiten, blieben in der Vergangenheit nur Präsenzmeetings vor Ort, welche Zeit und Geld kosten und gerade in Pandemiezeiten Unternehmen vor neue Herausforderungen stellten. Die interaktive Zusammenarbeit in VR festigt die Bindung zu Kolleg*innen und Kund*innen. Industrieunternehmen können durch den Einsatz von WeAre Rooms ihre Bauzeiten, Kosten und durchschnittlichen Fehlerquoten reduzieren sowie ihren Time-to-Market beschleunigen. VR macht den Bau teurer und zeitaufwendiger Prototypen nahezu obsolet. Zudem können Geschäftsreisen vor allem im Hinblick auf die aktuelle Klimapolitik und die Einsparung von CO2 deutlich reduziert werden oder sogar ganz wegfallen.
  3. In welchen Branchen sehen Sie weitere Potenziale für digitale, kreative Optimierungen und nachhaltige Lösungen? Welche Zukunftspläne und Projekte verfolgt Ihr Unternehmen derzeit?
    • Industrieunternehmen sind heute mehr denn je darauf angewiesen, mithilfe innovativer Tools ihre Prozessketten und Arbeitsabläufe vor unvorhersehbaren Unterbrechungen – wie z.B. durch eine globale Pandemie – zu schützen. Zudem befeuert die Klimakrise die Notwendigkeit, digitale Tools in Unternehmen zu etablieren, um den CO2-Verbrauch bspw. durch weniger Geschäftsreisen zu minimieren. Daher werden Prozesse auch in Zukunft verstärkt nach Remotefähigkeit aufgebaut werden. Software-Lösungen, die sich explizit mit dem Thema „Distanzsteuerung“ auseinandersetzen, werden dementsprechend einen deutlichen Schub bekommen, um dezentrale Zusammenarbeit flächendeckend zu implementieren. 
    • Derzeit haben wir unseren Schwerpunkt im Maschinen- und Anlagenbau, wo wir den Product-Market-fit bereits erreicht haben, und etablieren uns nun im Architekturbereich. 
    • Aber auch weitere Märkte, für die unsere VR-Lösung passend ist – wie die Chemiebranche, Healthtech, Luft- und Raumfahrt etc. –, stehen auf unserer Agenda. Und natürlich die Expansion in weitere Länder.

 

Oktober 2021

Bild: (c) WeAre GmbH