Gemeinsam mit dem Digital Health Hub Nürnberg-Erlangen, BIRNE7 e.V. und in Kooperation mit dem Medical Valley EMN und der HPI School of Design Thinking (Potsdam) wurden mit Hilfe von Design Thinking Ideen und Konzepte dafür entwickelt, wie Menschen mit den verschiedensten Behinderungen besseren Zugang zu Gaming erhalten. Keine unwesentliche Arbeit, gilt Gaming doch mittlerweile als Kulturgut. 15 Prozent der Weltbevölkerung sind in irgendeiner Form behindert. Die UN-Convention on the Rights of Persons with Disabilities (CRPD) spricht sich für die vollständige Integration dieser Menschen in die Gesellschaft aus – eine soziale Herausforderung.

Eingeladen waren insgesamt etwa 40 Menschen mit und ohne Behinderung. Es entstanden vier Teams. Jedem Team wurden zwei Design Thinking Coaches als Mentoren zur Seite gestellt. Für die Teams standen insgesamt fünf Experten als Ansprechpartner*innen bereit, zwei blinde und drei im Rollstuhl, einer davon bis zum Hals querschnittsgelähmt. Einige von ihnen waren von weit angereist.

Mit Hilfe der Design Thinking Methode ging es für ein Team um die Frage nach Konzepten dafür, wie Spiele für den Controller QuadStick für querschnittgelähmte Menschen, der mit dem Mund bedient wird, besser vorkonfiguriert werden können, da die „Software“ um Spiele-Profile zu erstellen (Google Tabellen), derzeit nicht intelligent ist und es teilweise sehr zeitaufwendig ist, den QuadStick auf ein neues Spiel einzustellen. Mit im Team war unter anderem Dennis Winkens aus Viersen bei Mönchengladbach, leidenschaftlicher Gamer, der die selbsternannte inklusive Gaming „Crew“ WheelyWorld gegründet hat, selbst mit dem Mund spielt und aus praktischer Erfahrung von Hürden berichten konnte. “Prinzipiell geht alles”, berichtete er. “Aber umso mehr Eingaben man braucht und umso schneller das Spiel wird, umso schwieriger wird es für mich.”

Ein zweites Team suchte nach Lösungen, wie Gaming Menschen mit Behinderung und Menschen ohne Behinderung zusammenbringen kann. Eine dritte Gruppe beschäftigte sich mit der Frage, wie Menschen im Rollstuhl und Menschen mit Sehbehinderung besser an Virtual Reality (VR) teilhaben können, wie also zum Beispiel Vibration eingesetzt werden kann. Das würde auch Dennis Winkens interessieren.

In der vierten Gruppe ging es um die spezielle Spielform Treasure Hunt (Schatzsuche) und die Frage, wie sich an dem Online-Spiel Menschen mit Behinderung besser beteiligen können. Also wie man entsprechend der spezifischen Behinderung ein angepasstes, somit ausgleichendes Modul entwickeln und an ein standardisiertes Interface pluggen kann. “So lässt sich weltweit mit verschiedensten Menschen ohne und mit diversesten Einschränkungen das Game starten und spielen.” Und: “Man steuert jemanden durch die Niagarafälle. Der Blinde achtet mehr auf Geräusche und gibt Hinweise via Sprachsteuerungsmodul zu “versteckten Geräuschen”, jemand anders sieht etwas ‘aufblitzen’ und klickt drauf usw. … Ein solches Spiel kann man gemeinsam, global und mit allen, als “Gleiche unter Gleichen” spielen”, schildert Bahaddin Batmaz, IT-Fachmann aus Marburg, der selbst auch erblindet ist, Informatik studiert hat, beruflich programmiert, sich um Usability von Web-Seiten kümmert, in Punkto inklusive Medien, Inhalte und Arbeitstechniken berät und schult, also vom Fach ist. In allen vier Gruppen gab es ein zentrales Thema: Barrierefreiheit.

Der Workshop-Tag war kurz, aber die Beteiligten sind sich einig, dass es ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung war. “In der Kürze der Zeit sind gute Ideen entstanden”, betont Dennis Winkens. “Darauf kann man Programmierer ansetzen.”

Der Workshop wurde von der HPI School of Design Thinking unterstützt. Mit deren Methoden für Design Thinking wurden Problemlösungen gesucht. “Wir haben uns gerne eingebracht”, betont Stefanie Schwerdtfeger von der HPI School of Design Thinking. “Wir entwickeln unseren Design Thinking-Ansatz ständig weiter. Aus dem Workshop konnten wir wichtige Impulse mitnehmen, wie es gelingt, Teilnehmende mit Beeinträchtigungen zu integrieren”, so Stefanie Schwerdtfeger.

Schade findet es Bahaddin Batmaz nur, “dass diesmal noch keine Gaming-Startups dabei waren. Es wäre schön gewesen, von Startups eine gewisse Vernetzung zu erfahren. Aber es gab dafür viele Interessierte, auch aus den Bereichen Telekommunikation, Rundfunk, Film und Fernsehen. Jeder hat was mitgenommen!” “Viele der Beteiligten hatten vorher noch nie mit inklusivem Gaming zu tun”, ergänzt Dennis Winkens. Und Jonas Jung vom Medical Valley EMN, der auch ehrenamtlich für BIRNE7 tätig ist, betont: “Es war toll, dass wir mit der Veranstaltung des MediaTech Hub Potsdam dem Thema wieder mehr Aufmerksamkeit schenken konnten. Wir wollen weiter darauf aufbauen. Wir konnten unsere Reichweite erhöhen, das Bewusstsein stärken. Dazu kommt, dass einige Teilnehmende das erste Mal direkt, offen und unvoreingenommen mit Gamern mit Behinderung gesprochen haben. Alle haben auch mitgenommen, dass man auch beim Design Thinking andere Vorgehensweisen mitdenken muss, wenn man mit Menschen mit Behinderung arbeitet, damit sie partizipieren können.”

Text: Eva Werner 

 

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